Der Anfang ist geschafft. Unser amerikanisierter Alltag nimmt Formen an. Nachdem ich mich bei der Bibliothek angemeldet und beim Womens‘ Choir Cantilena ein ausgewachsenes Vorsingen überstanden habe, bin ich seit zwei Tagen stolze Besitzerin eines Velos! Es ist rostig und lödelig, aber es hat zwei runde Räder, gute Bremsen und von den sieben Gängen funktionieren durchschnittlich fünf. Es heisst Moon Dog und wenn wir zusammen durch die Stadt düsen jault es leise. Gekostet hat es deutlich weniger als alle anderen Velos auf craigslist. Irgendwie verdächtig. Vielleicht hab ich bald die Polizei am Hals?
Da ich im Moment noch auf Stellensuche bin, habe ich nichts besseres zu tun, als mich auf allen networking-events der hiesigen Schweizer Organisationen rumzutreiben. Am Dienstag gab es nach ausgezeichneten Vorträgen (u.a. über Warren Buffett vorkam) ein gratis, warmes Buffet – Novartis, we’ll be back!
Das Beste auf dem Buffet war übrigens die echte (!) italienische Kaffeemaschine: Bei uns zuhause gibt es immer noch nur „türkischen“ Aufkochkaffee (oder was wir darunter verstehen). Wir fürchten uns schon vor dem Besuch der Espresso-verwöhnten Verwandten aus dem fernen Europa!
Es wird übrigens langsam Herbst, die Blätter verfärben sich und bei Dunkin Donuts gibt’s Pumpkin Latte. Wir gewöhnen uns an die früh aufstehenden Nachbarn, an teigige Bagel und fettfreie Milch, an Essen voller HFCS, an zuschnappende Türschlösser (merke: vergiss nie den Schlüssel, nienienie!), an tropfende Wasserhähne, an amerikanische real life documentaries und daran, immer mit Kreditkarte zu bezahlen. Wir werden überall freundlich aufgenommen und haben unsere Auswanderungs-Geschichte in den letzten 3 Wochen schon gefühlte 50 Mal erzählt.
Es gefällt uns hier, vorläufig bleiben wir also noch da 🙂 Spätestens wenn der Winter die Wahrheit über unsere Heizung ans Licht bringt und wir mit dem Backofen heizen müssen, überlegen wir es uns nochmals.