Am vergangenen Dienstag sind wir halboffiziell ausgewandert. Offiziell sind wir in den Ferien; aber spätestens nach den Anstrengungen der letzten Tage ist das kaum haltbar. Die Erschöpfung wird heute am Strand kuriert. Es sind übrigens fast auf den Tag genau 2 Jahre, seit wir die ersten Pläne geschmiedet haben! Einerseits sind wir froh, hat es angefangen, andererseits wir vermissen aber Freunde und Familie :/
Gelandet sind wir vor einigen Tagen in Miami. Inzwischen wohnen wir in Neapel (Naples). Eigentlich wie Ferien! Wir wohnen bei Freunden, die Sonne scheint und Hurricane Isaac hat uns knapp verfehlt. Benzinkocher, Wasserflaschen, Batterien und Dosenfutter standen schon bereit, auf dem Weatherchannel schauten wir endlose Statusberichte und bei der lokalen Tankstelle wurden Panikkäufe getätigt. Ausser Regen und Wind haben wir aber nichts abbekommen.
Und natürlich versuchten wir blauäugig, im Autoland ein Auto zu kaufen. Das ist allerdings nicht ganz einfach. Die Verhandlungen sind knallhart, die Auswahl riesig (wir haben uns immerhin auf „Das Auto“ (Volkswagen) und „GoFurther“ (Ford) beschränkt). Eine schwierige Entscheidung! Sie wurde uns aber nach 3 Tagen (!!), zig Car-Dealer-Besuchen und einem Appointment bei der Bank abgenommen: Einen Kredit oder ein Leasing gibt’s für uns – mindestens im Moment – nicht. Trotz guten „Credit Scores“ (= abbezahlten Schulden) und einer Kreditkartenlimite von 3000 USD pro Tag! Die frisch Ausgewanderten dürfen deshalb mit gutem Gewissen zu alten, grossen, schweren und protzigen Ami-Schlitten greifen, denn der Rest ist entweder zu teuer oder nicht erhältlich.
Sonst lief aber alles fast zu schön – und zu langweilig für eine Sendung wie Adieu Heimat. Die einzige „Action“ hatten wir selber verpasst: Wie wir später herausfanden, wurde unser Gepäck am Flughafen Kloten von der KAPO (= Kantonspolizei) geöffnet, durchsucht und dann „ohne Schäden“ und „ohne Entnahme von Gegenständen“ doch noch auf die Reise geschickt. Wahrscheinlich war das abgefüllte Jemalt-Pulver schuld (= Ovomaltinen-Kopie mit noch mehr Vitaminen und Mineralien, garantiert nicht erhältlich in den USA)
Im Flugzeug – wir mussten Business Class fliegen, wir möchten ja nicht, dass die Swiss nochmals pleite geht – wurden wir von der Maitre de Cabin mit einer Flasche Champagner überrascht; quasi als alkoholischer Glückwunsch für unser Auswanderungs-Abenteuer! (Rutscht jetzt die Fluggesellschaft wegen uns doch noch in die roten Zahlen?). Es konnte also nur schlimmer kommen. Doch weit gefehlt: Am Flughafen in Miami hiess es „welcome back“ und „welcome home“ und das war’s au schon. Sämtliche Einreiseformalitäten (es waren eigentlich gar keine) waren erledigt. So strandeten wir bereits 1.5 Stunden nach der Landung im Hotel. Und zwar in Miami Beach: Schöne und weniger schöne Menschen, grosse und grössere Autos, art-deco-style wohin das Auge blickt und sehr nachtaktive Zimmernachbarn (nach der zweiten Nacht wechselten wir dann das Zimmer…).
Auf dem Weg an die Ostküste (Naples) machten wir Halt im visitor center der Everglades. Und auf einem kurzen Walk, nur 15 Meter vom Parkinglot entfernt, entdeckten wir die ersten vier Alligatoren. Und später erspähten wir noch eine Schildkröte und einige Dutzend Vögel, Schmetterlinge und sonstige (eher nicht so attraktive) Insekten. Mal keine Bären wie im hohen Norden.
Jetzt geht es ab zum Stand, bevor das Mietauto abgeholt wird und der Schlussabend ansteht. Massachusetts, wir kommen!